Medikamente Wann sind Medikamente sinnvoll?

Eine medikamentöse Therapie ist oft hilfreich, aber nicht immer notwendig. Chancen und Risiken einer medikamentösen Behandlung müssen sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.

Eine medikamentöse Behandlung sollte nur erfolgen, wenn die ADHS-Symptomatik sehr deutlich bis sehr stark ausgeprägt ist oder wenn andere Therapieformen nicht ausreichend geholfen haben.

In folgenden Beispielen kann eine medikamentöse Behandlung beispielsweise sinnvoll sein. 

Aufgrund der starken ADHS-Symptomatik:

  • streitet mein Kind ständig mit Anderen (Gleichaltrigen, Eltern, Lehrenden, Betreuenden etc.).

  • hat mein Kind so gut wie keine Freundinnen und Freunde.

  • ist der Familienzusammenhalt bedroht.

  • leidet mein Kind unter psychischen Problemen (Angst, starke Selbstzweifel, Depression).

  • droht meinem Kind ein Schulwechsel (z. B. von Gymnasium auf Realschule), obwohl es ausreichend begabt ist.

  • droht meinem Kind ein Schulverweis.

  • droht ein Sonderschulaufnahmeverfahren.

  • wird mein Kind nur verkürzt unterrichtet.

  • konnte die Verhaltenstherapie trotz konsequenter Anwendung der erlernten Methoden die Probleme nicht ausreichend vermindern.

  • konnten die schulischen Fördermaßnahmen die Unaufmerksamkeit, Unruhe oder Impulsivität nicht ausreichend reduzieren.

Hier sehen Sie zwei exemplarische Familien und ihre Entscheidungen:

Paul, 8 Jahre, hat sehr starkes ADHS. Aufgrund der ausgeprägten Symptomatik droht ein akuter Schulverweis, obwohl er eigentlich begabt genug ist. Weil er ständig mit Anderen aneckt, hat er kaum Freundinnen und Freunde und ist viel allein. Darunter leidet Paul sehr. Seine Eltern und der Arzt von Paul haben Nebenwirkungsrisiken gegen die sozialen Risiken abgewogen und sich für Medikamente entschieden. Die Probleme sind so stark ausgeprägt, dass eine nicht-medikamentöse Therapie allein vermutlich nicht den gewünschten Erfolg bringen wird. 

Konstantin, 8 Jahre, hat mittelstarkes ADHS. In der Schule hat er Probleme und liegt mit seinen Leistungen unter seinem Niveau. Trotzdem hat er das Schuljahr bisher immer geschafft. Konstantin hat zwar keinen großen Freundeskreis, aber zwei feste Freunde. Seine Eltern und der Arzt von Konstantin haben Nebenwirkungsrisiken gegen die sozialen Risiken abgewogen und sich dafür entschieden, zunächst andere Behandlungswege zu gehen. Die Probleme sind noch für alle tragbar und die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich Erfolge über andere Behandlungswege einstellen. Falls sich im Verlauf zeigt, dass das nicht ausreicht, kann später noch einmal über eine zusätzliche medikamentöse Behandlung nachgedacht werden.

Hinweis: Selbst wenn Sie sich zu einer medikamentösen Behandlung entscheiden, sollte diese niemals isoliert erfolgen, sondern immer in eine Gesamtbehandlungsstrategie eingebettet sein. Das heißt, das Kind nimmt Medikamente, lernt aber gleichzeitig zum Beispiel Strategien, um sich besser zu konzentrieren und die Eltern lernen, wie sie ihr Kind mit einem hilfreichen Erziehungsverhalten unterstützen können.